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Beitrag vom 23.02.2004
Das MoMA in Berlin - die Ausstellung der Superlative
Gaby Miericke-Rubbert
Berlin hat seinen Superstar gefunden: Ãœber 212 Meisterwerke des New Yorker "Museum of Modern Art" sind vom 20. Februar bis 19. September 2004 in der Neuen Nationalgalerie zu bewunde
Das Kunstereignis des Jahres, wenn nicht des Jahrhunderts, findet in den nächsten 7 Monaten in Berlin statt. Der dritte Um- und Ausbau des New Yorker Museumsgebäudes macht es möglich, dass auch flugängstliche KunstliebhaberInnen oder solche mit kleineren Portemonnaies nun die einmalige Gelegenheit haben werden, diese wunderbare Sammlung zu sehen.
Der damalige Gründungsdirektor des MoMA, Alfred H. Barr Jr., hatte sich vergebens Mies van der Rohe als Architekten des neuen Museums in New York gewünscht, nun geht sein Wunsch nach 75 Jahren, und wenn auch nur zeitweilig, endlich in Erfüllung.
Bahnbrechende Kunstwerke aus der Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende bis zum Ende des letzten Jahrtausends werden präsentiert, Werke, die aus der Geschichte der modernen Kunst nicht mehr wegzudenken sind. Objekte, die zur Zeit ihrer Entstehung schockiert haben, von der Öffentlichkeit als profane oder ordinäre Rinnsteinmachwerke abgelehnt wurden, die als anstößig, als bolschewistisch und von den Nationalsozialisten als "entartet" diffamiert wurden.
Der Bogen der ausgestellten Malereien und Skulpturen spannt sich von den späten Impressionisten, über die klassische Moderne, Kubismus, Futurismus, über Surrealismus und Pop-Art bis hin zur zeitgenössischen Kunst. Die Ausstellung lädt uns zu einem imposanten Spaziergang durch die Kunstepochen des 20. Jahrhunderts ein.
Wir sehen Cézannes postimpressionistisches Werk "Der Badende" (von 1885), van Goghs "Sternennacht" (1889), Matisse´ "Der Tanz", diverse Picassos, die in mehreren Stilen zu Hause sind, Kandinsky und Chagall als abstrakte Kubisten, die Surrealisten Magritte, Dalà und Chirico, um nur wenige Vertreter der ausgestellten modernen europäischen Exponate zu nennen. Das MoMA in New York, das zur Zufluchtsstätte für die von Hitlers Nationalsozialismus verfolgte Avantgarde wurde, rettete Bilder von Beckmann, Dix und Klee und anderen vor der Vernichtung, die jetzt mit der Ausstellung wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind. Ab den späten 40er und 50er Jahren war dann nicht mehr Paris das Zentrum der zeitgenössischen Kunststandards, sondern die New Yorker Schule gab neue Richtungen vor. Werke amerikanischer Nachkriegskünstler u. a. von Pollock, de Koonings und Rothko, aber auch von Pop-Art-Künstlern wie Lichtenstein, Warhol und Claes Oldenburg sind Ikonen der späteren Hälfte der Sammlung.
Die Kunst des 20. Jahrhunderts experimentiert mit Farben und Formen, stellt Ordnungen und Logiken auf den Kopf, stülpt Seelen und innere Befindlichkeiten nach außen. Die Gegenständlichkeit wird aufgelöst und schließlich wieder in Comics und Pop-Art-Produktionen zusammengesetzt, um Alltagsbanalität und Massenkonsum thematisieren zu können. Die Ausstellung endet mit dem Zyklus des deutschen Künstlers Gerhard Richter zur Roten Armee Fraktion "18. Oktober 1977".
Diese engagierte Kunst, die experimentieren und provozieren wollte, wird leider in L´art-pour-l´art-Manier präsentiert, Zusammenhänge werden nicht hergestellt, Hintergründe nicht ergründet. Dafür müsste frau in dem etwas kostspieligen (29 Euro) Ausstellungskatalog nachschlagen.
Noch nicht einmal bedauernd wird in einer Pressemitteilung konstatiert, dass nur sechs Künstlerinnen in dieser Ausstellung präsentiert werden. Die lapidare Aussage, dass Frauen eine nebensächliche Rolle in dieser männerdominierten Kunstwelt gespielt haben, ist hinreichend bekannt, aber auch nicht weiter aufklärend. Frauen wurden eben nur als Stifterinnen und Musen berühmt, in Ausnahmefällen als eigenständige Künstlerinnen. Immerhin konnte mann anscheinend nicht umhin, die sechs wenigstens in die Sammlung aufzunehmen: Meret Oppenheim, Georgia O´Keefe, Eva Hesse, Louise Bourgois und Helen Frankenthaler.
Außerdem können wir uns am Wochenendemit diesen und anderen Fragen an die 64 MoMAnizer wenden, die nicht nur die Warteschlange außerhalb des Museumsbaus mit einem Getränk und Smalltalk bei Laune halten sollen. Innerhalb der heiligen Hallen sind sie AnsprechpartnerInnen für die Fragen zu Werken, zum MoMA selbst oder halten als angehende KunsthistorikerInnen sogar Kurzvorträge zu einem ausgewählten Lieblingsbild.
Diese Jahrhundertausstellung ist natürlich ein absolutes Muss für alle LiebhaberInnen der modernen Kunst. Und wenn Sie es geschafft haben, die 1-2 Stunden Wartezeit mit einem kleinen Schmöker, mit Aufwärmgymnastik und einer Tasse Kaffee vom MoMAnizer zu überbrücken, werden Sie mit einerm beeindruckenden Kunsterlebnis belohnt.
Das MoMA in Berlin
Neue Nationalgalerie
Potsdamer Str. 50
10785 Berlin
Dauer der Ausstellung:20.02. - 19.09.2004
Info-Tel.: 0180-522 1034
Öffnungszeiten: Di, Mi, So 10-18.00 Uhr
Do, Fr, Sa 10-22.00 Uhr
www.das-moma-in-berlin.de